2010-10-11

Zulassungsstelle

Ich verrate Ihnen jetzt einmal etwas Persönliches. Sie behalten das bitte für sich. Versprochen?Meine größte Schwäche ist: ich kann nicht warten. Ich versuche das einmal zu erklären. Es macht mir nichts aus, eine halbe Stunde vor dem Theater zu warten oder bei einer Verabredung 10 Minuten zu früh zu sein. Aber dieses fremdbestimmte Warten hasse ich aus tiefstem Herzen. Ganz schlimm für mich, im Stau zu stehen. Keine Möglichkeit zu haben, mit einem lustvoll gepöbelten „Ihr könnt mich doch alle ‚mal“ zu verschwinden. Wenn ich warten muss, leide ich wirklich; schlimmer als bei einer Erkältung. Heute morgen hatte ich so ein Warte-Erlebnis. Es war kurz nach acht Uhr. Vor 10 Minuten hat die Zulassungsstelle geöffnet. Ein Blick in die Runde der Wartenden sagt mir, dass ich hier wohl der Einzige bin, der keinen Kapuzenpulli trägt. Ich ziehe mir eine Wartemarke und schaue auf die elektronische Anzeigetafel. Ein wenig Kopfrechnen ergibt, dass sage und schreibe 35 Leute vor mir sind. Um mich herum wird nur in fremden Zungen gesprochen. Die Meisten kommen vermutlich aus Osteuropa oder dem Libanon und sind mindestens zu zweit dort. Der erste trägt die Papiere und der zweite die Schilder. Dann gibt es auch noch einige Dreier-Formationen. Der Anführer der Kohorte hält die Papiere, Nummer 2 die Schilder und der Dritte wird in die Weihen des Autohandels und die damit verbundene Bürokratie eingewiesen. Er trägt (noch) keinen Kapuzenpulli, sondern die Aktentasche von Nummer 1 und ein Schlüsselbund, mit dem er wie mit einem Rosenkranz spielt. Während sich die Anzahl der Wartenden nur langsam verringert, wuseln die Kapuzenpullis aufgeregt herum und begrüßen die Angestellten der Zulassungsstelle mit einem lauten „Moin Moin“. Ich habe den Eindruck, dass die, ohne die Anzeigetafel auch nur eines Blickes zu würdigen, zu zweit oder dritt in die Büros marschieren. Gerade so, als wären sie dort angestellt. Schon nach kurzer Zeit tauchen sie dann mit abgestempelten Schildern wieder auf. Nach gefühlten 3 Stunden bin dann auch ich dran. Hier ‚ne Unterschrift, dort ‚ne Unterschrift, Gebühren bezahlen, Kfz-Steuern bezahlen, Schilder machen lassen, Schilder abstempeln lassen. Geht eigentlich alles recht zügig, wenn man erst einmal in der Mühle drin ist. Trotzdem bin ich froh, da wieder ‚raus zu sein. Ich glaube, ich geh’ mir morgen erst einmal einen Kapuzenpulli kaufen...

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